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Ian Nepomniachtchi schlägt Wang Hao und übernimmt Führung

In der fünften Runde des Kandidatenturniers übernimmt erstmals ein Spieler die alleinige Führung. Ian Nepomniachtchi besiegt im Duell zweier Führender Wang Hao und hält nun bei dreieinhalb Punkten aus fünf Partien. Sein erster Verfolger ist Maxime-Vachier Lagrave mit drei Punkten. Alle anderen spieler haben 50% oder einen halben Punkt weniger.

Nach dem Remistag der vierten Runde gibt es in der fünften wieder einen Sieger. Nepomniachtchi und Wang sind zuvor viermal aufeinandergetroffen. Jeder konnte eine Partie gewinnen, zwei endeten mit Remisen. Wang erwidert auf 1.e4 erneut mit der russischen Verteidigung. In einer bekannten Variante schickt Nepomniachtchi früh seinen h-Bauern auf die Reise um die gegnerische Königsstellung zu lockern. Diese Neuerung entspricht einer modern gewordenen Strategie und kommt seit dem Projekt "Alpha Zero" viel häufiger vor, wie selbst Weltmeister Magnus Carlsen auf "chess24" erläutert. Die selbstlernende Schach-Maschine greift in ihren Partien oft erfolgreich zum Vorstoß des Randbauern. Das entstandene Endspiel scheint Weiß objektiv nicht viel zu bieten, die Stellung ist für Schwarz aber viel unangenehmer zu spielen, da er ständig auf weißen Drohungen reagieren muss. Im 32. Zug passiert dem Chinesen mit Dd7 ein entscheidender Fehler. Im Interview meint Wang den weißen Gewinnzug Dd8 übersehen zu haben. Sonst hätte er wohl die richtige Verteidigung mit Sxd4 gefunden. Nepomniachtchi bleibt im Erfolg "cool". Auf seine Chancen angesprochen meint er nur, dass es noch zu früh sei darüber zu spekulieren.

Fabiona Caruana, der große Favorit, darf sich glücklich schätzen seine Partie gegen Anish Giri gerettet zu haben. Der Amerikaner wählt zum zweiten Mal die slawische Verteidigung, anders als gegen Ding, kommt er gegen Giri aber rasch unter Druck. Trotz schlechter Stellung, eigentlich einer verlorenen, wie er in der Pressekonferenz meint, verteidigt er sich zäh. Das hätte aber nicht geholfen wenn Giri im 33. Zug den Gewinn mit Tf2 gefunden hätte. Markus Ragger analysiert in seinem Videokommentar diese Stellung und zeigt, warum dieser Zug alles andere als leicht zu finden war. Die eigentliche Pointe kommt erst 10 Züge später. Eine verpasste Chance von Giri, die Caruana weiter hoffen lässt.

Einen taktischen Schlagabtausch mit vielen Opfern und Gegenopfern liefern sich Kirill Alekseenko und Maxime Vachier-Lagrave in einem Najdorf Sizilianer. Beide folgten einer Vorgängerpartie von Carlsen gegen Vachier-Lagrave, der Franzose verbessert im 16. Zug mit g6, worauf der Russe mit Txg6 den Opferreigen beginnt. Das Brett steht danach in Flammen. Wenig beeindruckt zeigen sich hingegen die "Engines", die mit ihrer Bewertung konstant bei 0,00 bleiben und dabei wohl schon die 15 Züge später folgende Zugwiederholung im Auge haben. Insbesondere Vachier-Lagrave hat diese Variante wohl ausgiebig im Vorfeld analysiert, wie sein geringer Zeitverbrauch zeigt. Dennoch ist es enorm schwierig alle Varianten im Gedächtnis zu behalten und/oder die richtigen Züge zu finden. Für die Zuschauer war es ein faszinierender Schlagabtausch, dem die Kommentatoren auch viel Aufmerksamkeit geschenkt haben.

Alexander Grischuk und Ding Liren liefern sich ein theoretischen Duell in einem Anti-Marshall Spanier. Ding findet die richtigen Antwort auf Grischuks Vorbereitung und die Partie landet in einem Endspiel mit nur symbolischem Vorteil für den Russen. Der Remisschluss folgt im 54. Zug. "Es war eine gute Partie, aber keine sehr interessante", sagt Grischuk im Interview und sorgt zudem für Schlagzeilen, als auf die Frage wie er sein bisheriges Spiel sieht nachdenklich meint: "Ich habe angesichts der aktuellen Ereignisse gar keine Lust zu spielen und denke das Turnier sollte abgebrochen werden".

Caruana und Giri meinten zu diesem Thema mit Galgenhumor, dass sie nicht wissen wie sie nach dem Turnier wieder heim kommen werden. Die meisten Flüge der nächsten Wochen sind abgesagt. Vor Ort bemüht sich der Veranstalter alle Sicherheitsvorkehrung zu treffen, die möglich sind, sieht man einmal von der Eröffnungsfeier mit 1.000 Besuchern ab. Spieler waren übrigens keine dabei. De facto wurde das Hotel zu einer Quarantäne-WG und schafft für die Spieler eine Atmosphäre, die es schwer macht sich auf den Sport zu konzentrieren. Andererseits bieten sie ihren Fans eine spannende Unterhaltung in einer schweren Zeit. Die danken es ihnen mit hohen Online-Zuschauerzahlen. (wk, Presseinfo/Fotos: FIDE)

Stand nach der 5. Runde:

1. Ian Nepomniachtchi – 3½
2. Maxime Vachier-Lagrave – 3
3-5. Fabiano Caruana, Wang Hao, and Alexander Grischuk – 2½
6-8. Ding Liren, Kirill Alekseenko and Anish Giri – 2

Die 6. Runde folgt heute, Montag, dem 23. März, ab 16:00 Ortszeit (12:00 MEZ):

Alexander Grischuk (RUS) – Fabiano Caruana (USA)
Kirill Alekseenko (RUS) – Anish Giri (NED)
Ian Nepomniachtchi (RUS) – Ding Liren (CHN)
Wang Hao (CHN) – Maxime Vachier-Lagrave (FRA)

Links:
FIDEOffizielle Turnierseite

Videokommentare von Markus Ragger (Youtube)
Runde 1Runde 2Runde 3Runde 4, Runde 5

Der englische Großmeister Daniel King hat alle Kandidaten auf Youtube vorgestellt:
CaruanaDingGrischukNepomniachtchiVachier-LagraveGiriWangAlekseenko.

Candidates: Markus Ragger kommentiert die 5. Runde

Der Russe Ian Nepomniachtchi gewinnt in der fünften Runde des Kandidatenturniers in Jekaterinburg das Duell zweier Führender gegen den Chinesen Wang Hao und setzt sich damit alleine mit 3,5/5 an die Spitze. Markus Ragger widmet in seinem Videokommentar der Runde natürlich dieser Partie einen Schwerpunkt und zeigt aber auch auf warum selbst Computerbewertungen von +3 nicht immer einfach zum Sieg führen. (wk, Foto: Turnierseite) 

Links:
FIDEOffizielle Turnierseite

Videokommentare von Markus Ragger (Youtube)
Runde 1Runde 2Runde 3Runde 4, Runde 5

Der englische Großmeister Daniel King hat alle Kandidaten auf Youtube vorgestellt:
CaruanaDingGrischukNepomniachtchiVachier-LagraveGiriWangAlekseenko.

Candidates: Markus Ragger kommentiert die 4. Runde

In der vierten Runde enden erstmals alle vier Partien mit einem Remis. Markus Ragger zeigt in seinem Videokommentar, dass die Partien aber trotzdem hart umkämpft waren. Inbesondere Maxime Vachier-Lagrave und Fabiano Caruana waren knapp daran einen ganzen Punkt zu holen.

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Videokommentare von Markus Ragger (Youtube)
Runde 1Runde 2Runde 3, Runde 4

Der englische Großmeister Daniel King hat alle Kandidaten auf Youtube vorgestellt:
CaruanaDingGrischukNepomniachtchiVachier-LagraveGiriWangAlekseenko.

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Erste Remisrunde trotz spannender Partien in Jekaterinburg

Am vierten Spieltag gibt es in Jekaterinburg erstmals keine Gewinnpartie. Maxime Vachier-Lagrave war gegen Alexander Grischuk knapp dran einen vollen Punkt einzufahren, aber er verpasst im 30. Zug seine (einzige) Chance. Die längste Partie des Tages zwischen Fabiano Caruana und Ian Nepomniachtchi endet ebenfalls mit einer Punkteteilung. An der Spitze gibt es weiter keinen klaren Führenden. Ian Nepomniachtchi, Maxime Vachier-Lagrave und Wang Hao führen das Feld mit 2,5/4 an.

Die aufregendste Partie des Tages war jene zwischen Vachier-Lagrave und Grischuk. Der Russe ist der ein einzige Spieler, der bisher alle Partien remisiert hat. Vachier-Lagrave eröffnet wie erwartet mit 1.e4, Grischuk antwortet wie in seiner ersten Partie mit der Berliner Verteidigung. Die Züge gehen beiden bis zum 18. Zug schnell von der Hand, dann beginnt Grischuk zu grübeln, insgesamt 53 Minuten, um schließlich mit Se7 einen Zug zu spielen, der bereits in einer Partie zwischen Vachier-Lagrave und Nakamura am Brett stand. Im nächsten Zug verbraucht der Russe erneut 21 Minuten. Für den Rest der Partie bleiben ihm nur wenig Restzeit, während sein Gegner noch rund eineinhalb Stunden auf der Uhr hat. Im 20. Zug opfert Vachier-Lagrave seinen c3-Bauern und erhält im Gegenzug starken Druck auf die schwarze Stellung. In hoher Zeitnot passiert Grischuk om 29. Zug ein Fehler, den Vachier-Lagrave mit 30.Te4 entscheidend hätte ausnutzen können. Er spielt aber (zu) rasch ein Läuferschach auf a3 und verpasst damit seine Chance. Im Interview meint er auf Te4 einfach vergessen zu haben, während Grischuk eingesteht, dass es dumm war eine Stunde für einen offensichtlichen Zug zu ver(sch)wenden. Das entstehende Turmendspiel hält Grischuk trotz seiner Zeitnot sicher im Gleichgewicht.

Die Partie zwischen Fabiano Caruana und Ian Nepomniachtchi entwickelt sich in einer grünfeldindischen Verteidigung sehr rasch. Beide spulen ihre Vorbereitung herunter. Allerdings scheint jene von Caruana weiter zu gehen. Er dürfte selbst das entstandene Endspiel noch weit analysiert haben. Jedenfalls gelingt es ihm selbst mit wenigen Figuren unangenehmen Druck aufzubauen. Sein Trumpf ist ein weit vorgeschobener Bauer auf h6, der die Stellung des schwarzen Königs gefährlich einengt. Nach einer Ungenauigkeit von Caruana ist der Vorteil aber plötzlich weg. Nepomniachtchi kommt zu f5 nebst Damentausch und nun ist es Caruana, der genau spielen muss um im Läuferendspiel das Remis zu erreichen. Die Partie endet im 55. Zug nach fünf Stunden Spielzeit.

Wang Hao und Kirill Alekseenko treffen in Jekaterinbug zum erstenmal überhaupt aufeinander. Alekseenko scheint in einem g3-Grünfeldinder mit d5 und c6 leicht auszugleichen. Die Kommentatoren meinen sogar seine Stellung sei bereits leichter zu spielen. Dann passiert ihm aber mit 13.- Ta6 ein Tempoverlust, wonach Wang Hao einigen Druck aufbauen kann. Es gelingt dem Russen aber akkurat zu verteidigen und die weißen Ideen zu neutralisieren. Der Remisschluss folgt im 41. Zug.

Ding Liren, der nach seinem Sieg gegen Caruana nur einen Punkt hinter der Spitze liegt, remisiert mit Weiß gegen Anish Giri in einer katalanischen Eröffnung. Erneut zeigt sich Giri bestens vorbereitet. Wie Caruana schickt er seinen h-Bauern auf die Reise um den gegnerischen König zu gefährden. Ding entscheidet sich für einen sicheren Springerzug und verhindert, dass der Bauer nach h3 gelangt. Im Interview meint er damit aber etwas von einem möglichen Vorteil hergegeben zu haben. Nach einem massiven Abtausch endet die Partie in einem Endspiel mit Turm und Läufer, das keiner Seite mehr eine Siegchance gab. Die Punkteteilung war das logische Ende.

In der offizielle Live-Kommentierung kam es gestern zu einem Gast-Auftritt von Judit Polgar. Die wohl beste Spielerin aller Zeiten sprach von einer außergewöhnlichen Situation, bedingt durch das Coronavirus, sieht darin aber auch eine Chance für Schach, insbesondere mit der Möglichkeit Turniere online zu organisieren. (wk, Presseinfo/Fotos: FIDE)

Stand nach der 4. Runde:

1-3. Ian Nepomniachtchi, Maxime Vachier-Lagrave, Wang Hao – 2½
4-5. Fabiano Caruana and Alexander Grischuk – 2
6-8. Ding Liren, Kirill Alekseenko and Anish Giri – 1½

Die fünfte Runde bringt heute, Sonntag, dem 22. März, die folgenden Paarungen:

Anish Giri (NED) – Fabiano Caruana (USA)
Alexander Grischuk (RUS) – Ding Liren (CHN)
Kirill Alekseenko (RUS) – Maxime Vachier-Lagrave (FRA)
Ian Nepomniachtchi (RUS) – Wang Hao (CHN)

 

 

 

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Ding Liren gewinnt das Duell der Favoriten gegen Caruana

Ding Liren is back. Im Duell der beiden großen Favoriten besiegt der Chinese mit einer bemerkenswerten Leistung Fabiano Caruana. Dabei beginnt die Partie für Ding denkbar schlecht. Er wird von Caruana in der Eröffnung überrascht und läuft voll in die gegnerischen Vorbereitung in einem slawischen Damengambit. Caruana spielt seine Züge a tempo, opfert zwei Bauern und erhält dafür viele taktische Möglichkeiten, deren Berechnung Ding viel Zeit kosten. Anders als in seinen beiden Verlustpartien zuvor, findet Ding diesmal die besten Züge und schafft es die gegnerische Initiative zu neutralisieren. Danach ist sein Materialvorteil entscheidend. Es ist die einzige Gewinnpartie des Tages. Alle Spieler sind nun wieder innerhalb eines Punktes. Das Turnier ist wieder völlig offen. Diese herausragende mentale Leistung sollte Ding zudem viel Selbstvertrauen für die nächsten Partien geben.

Einen Tag vor dem ersten Ruhetag beim Acht-Spieler-Kandidatenturnier 2020 stehen drei Spieler an der Spitze - Ian Nepomniachtchi (Russland), Maxime Vachier-Lagrave (Frankreich) und Wang Hao (China), alle am 2/3. Der Amerikaner Fabiano Caruana und der Russe Alexander Grischuk liegen mit 1,5 / 3 einen halben Punkt dahinter. Anish Giri (Niederlande), Kirill Alekseenko (Russland) und Ding Liren (China) haben nach drei Runden einen Punkt.

Die Partie zwischen Anish Giri und Maxime Vachier-Lagrave endet unentschieden. Vachier-Lagrave spielt wie erwartet seine bewährte Grünfeld-Verteidung gegen 1.d4 und vereinfacht schnell die Stellung. Das folgende Endspiel ist für Weiß etwas besser, bietet dem Franzosen jedoch ausreichende Verteidigungsressourcen. Die Partie endet als erste des Tages im 30. Zug mit einer Zugwiederholung.

Alexander Grischuk (Russland) macht sein drittes Unentschieden in Folge, diesmal gegen Wang Hao (China). Nachdem Weiß mit 1.e4 eröffnet wählt der Chinese gegen den Russen die russische Verteidigung. Grischuk wechselt mit einem Trick in der Zugfolge in eine französische Abtauschvariante und erreicht mit zwei Läufern und einer besseren Bauernstruktur Vorteil. Nach dem Austausch der schwarzfeldrigen Läufer rückt Grischuk nach und nach seine Bauern am Königsflügel vor und scheint auf dem Weg zum Sieg, als ihm ein taktischen Versehen passiert, das Wang die Abwicklung in ein gleichstehendes Turmendspiel erlaubt. Ironischerweise hatte Grischuk diese Idee schon lange zuvor gesehen, sie aber in diesem Moment einfach vergessen, wie er im Interview nach der Partie zugibt.

Im rein russischen Duell zwischen Kirill Alekseenko und Ian Nepomniachtchi kommt eine französische Verteidigung aufs Brett. Eine überraschende Wahl von Nepomniachtchi, der als großer Experte im Najdorf gilt. Das letzte Mal, dass eine französische Verteidigung im Kandidatenturnier gespielt wurde, war übrigens 2007 in Elista im Spiel Leko - Gurevich. Der letzte Schwarzsieg in dieser Eröffnung in diesem Turnier liegt noch viel länger zurück: Sokolov - Yusupov, 1986 in Riga! Die Stellung entwickelt sich lebhaft. Schwarz übt etwas Druck am Damenflügel aus, während Weiß seine Chancen auf der anderen Brettseite sucht. Alekseenko entscheidet sich dann für ein interessandtes Qualitätsopfer und erhält volle Kompensation, verpasst aber ein weiteres chancenreiches Figurenopfer. Zu diesem Zeitpunkt war er aber bereits zu knapp an Bedenkzeit um so eine weitreichende Entscheidung zu treffen. Zehn Züge später forciert er eine Zugwiederholung. (wk, Presseinfo/Fotos: FIDE)

Heute, Freitag, ist der erste Ruhetag. Die vierte Runde beginnt morgen Samstag, dem 21. März, um 16 Uhr Ortszeit (14:00 MEZ). Die Paarungen lauten:

Fabiano Caruana (USA) - Ian Nepomniachtchi (Russland)
Wang Hao (China) - Kirill Alekseenko (Russland)
Maxime Vachier-Lagrave (Frankreich) - Alexander Grischuk (Russland)
Ding Liren (China) - Anish Giri (Niederlande)

Links:
FIDEOffizielle Turnierseite

Videokommentare von Markus Ragger (Youtube)
Runde 1Runde 2, Runde 3

Der englische Großmeister Daniel King hat alle Kandidaten auf Youtube vorgestellt:
CaruanaDingGrischukNepomniachtchiVachier-LagraveGiriWangAlekseenko.