In Wijk aan Zee trotzt man der Pandemie und bringt vom 15. bis 31. Jänner im "Tata Steel Chess Tournament" Schach zurück an die Bretter. Selbstverständlich findet das Traditionsturnier heuer im kleinen Kreis mit 12 Spielern und unter strengen Sicherheitsvorkehrungen in Absprache mit den Gesundheitsbehörden statt.
Das erlesene Feld besteht aus Weltmeister und Titelverteidiger Magnus Carlsen, Fabiano Caruana, Maxime Vachier-Lagrave, Anish Giri, Alirezja Firouzja, Jan-Krzysztof Duda, Pentala Harikrishna, Radoslaw Wojtaszek, David Anton Guijarro, Andrey Esipenko, Jorden Van Foreet, Alexander Donchenko, Nils Grandellius und Aryan Tari.
In der gestrigen ersten Runde gibt es mit Carlsen, Giri und Grandelius drei Sieger. Carlsen gewinnt im Angriffsstil gegen Firouzja, nicht aber ohne Risiko zu nehmen. Er opfert zwei Bauern für Angriffschancen und erhält Recht. Das unter FIDE Flagge spielende Talent des Irans kann die praktischen Probleme am Brett nicht lösen. Anish Giri widerlegt ein bekanntes Figurenopfer in einer spanischen Variante gegen Tari und Grandelius sichert sich gegen Donchenko den Sieg in einem Bauernendspiel, das der Deutsch wohl hätte vermeiden sollen und können.
Die zweite Runde beginnt, wie alle anderen außer der Schlussrunde, um 14:00 Uhr und wird auf der Turnierseite und bei verschiedenen Online Anbietern (Chess24, ChessBase, ...) live übertragen und kommentiert.
Turnierseite
WK, Foto/Video: Turnierseite
Er gilt zurecht als "Mr. Jugendschach" in Österreich und prägt seit 40 Jahren entscheidend die steirische und seit 32 Jahren auch die österreichische Jugendschachszene. Nun zieht Erich Gigerl einen Schlussstrich und legt mit seiner Pensionierung als Landesangestellter auch seine Funktion als Jugendreferent des ÖSB zurück.
Zu Beginn der 80er Jahre des vergangenen Jahrhunderts gelang es Kurt Jungwirth eine Landesstelle mit dem Resort Jugendschach in der Steiermark zu schaffen. Erich Gigerl hat diesen Posten im Alter von 24 Jahren übernommen und bis jetzt ausgeübt. Seit dieser Zeit organisierte Erich Gigerl praktisch alle Jugendmeisterschaften des Landesverbandes Steiermark und des ÖSB.
Sein organisatorisches Meisterstück war die Organisation der Jugend Europameisterschaft 1998 in seiner Heimatgemeinde Mureck mit 511 Teilnehmern in den Altersklassen U10 bis U18 und der historischen Silbermedaille von Eva Moser bei den Mädchen U16. Im Jahr 2003 hat Gigerl gemeinsam mit Jungwirth im Rahmen von "Graz-2003, Kulturhauptstadt Europas" erstmals EU-Jugendmeisterschaften ausgerichtet und danach seit 2004 jährlich in Mureck. Es gelang ihm mit Förderungen des Landes stets Teams aus (fast) allen EU-Staaten vertreten zu haben. Im Vorjahr ist die 18. Auflage leider der Covid-19 Pandemie zum Opfer gefallen.
Am 16. Februar 2006, anlässlich seines 25-jährigen Jubiläums im Jugendressort Schach, war Erich Gigerl in der Kleinen Zeitung "Steirer des Tages". Er selbst hat sich nie in den Vordergrund gedrängt, sondern stets im Hintergrund die Fäden gezogen und dafür gesorgt, dass seine Herzensthema, das steirische und österreichische Jugendschach, reibungslos funktioniert. Großes gelang ihm dabei mit dem Schulschach in der Steiermark, wie zahllose von ihm gehaltene oder organisierte Schulschachkurse und die seit 1996 jährlich ausgetragene Steirische Jugendolympiade belegen. Wer sich für Zahlen, Ergebnisse oder Statistiken interessiert, findet alle Leistungen auf der Website Jugendschach verewigt, die Gigerl quasi zum Abschied noch einmal rundum erneuert und verbessert hat.
Still und leise, seiner Arbeitsweise entsprechend, erfolgt der Abschied mit einem Mail:
"Sehr geehrte SchachkollegInnen,
mit großer Freude und viel Spaß konnte ich der Österreichischen Jugendschachbewegung 32 Jahre unterstützend zur Seite stehen. Vieles ist in dieser Zeit gelungen, im Speziellen die Einführung der Bundesmeisterschaften der Altersklassen ab U8.
In der Folge haben wir eifrig begonnen unsere jungen Talente zu Europa- und Weltmeisterschaften zu entsenden, mit immer wieder beachtlichen
Erfolgen für unsere Schachnation.
Der Übergang von der Kultur zum Sport konnte mit der 1. Lehrwarteausbildung in Graz gestartet werden. Zu guter Letzt kamen noch die ÖM im Schnell- und Blitzschach hinzu.
Das alles war natürlich nur in einem gut funktionierenden Teamwork möglich, mit Präsident Jungwirth, unserem Motor, und natürlich allen Landesverbänden mit ihren Jugendschach-Referenten.
Ich bedanke mich herzlich und möchte mich gleichzeitig mit meiner beruflichen Pensionierung auch von allen Wegebegleitern im ÖSB verabschieden.
Liebe Grüße
Erich Gigerl"
Lieber Erich, wir danken für deinen langen und unermüdlichen Einsatz für das Schach und den ÖSB und wünschen dir für deinen weiteren Lebensweg alles erdenklich Gute!
Für den ÖSB,
Christian Hursky, Präsident
Walter Kastner, Generalsekretär
WK, Fotos: Kleine Zeitung, ÖSB
In der 67. Sendung von ChessBase TV Austria widmet sich Harald Schneider-Zinner diesmal dem Thema Variantenberechnung. Jeder, der möchte, ist eingeladen aktiv selbst Beispiele zu lösen.
Links:
Info-Seite ChessBase TV Austria
Youtube: 67. Sendung - 01/2021 (Youtube)
Archive: ChessBase, Youtube, Blog ÖSB
Unser Frauenschach_AUT-Team hat bei dem Kreativwettbewerb 9 tolle Einsendungen bekommen. Es gab aus den verschiedensten Kategorien etwas zu finden: Kreuzworträtsel, Geschichten, Gedichte, Zeichnungen, einen Song und viele weitere kreative Ideen! Es hat uns sehr gefreut, so viele tolle und aufwendige Beiträge zu bekommen. Außerdem ist es super, dass wir sogar einen Beitrag, außer Konkurrenz, einer Spielerin aus dem Ausland bekommen haben.
Und nun wird's spannend... die Auswertung!
Der erste Platz geht an Günther Rier und seine Schülerin und Vereinskollegin Vera Marie Krejci mit 122 erreichten Punkten! Die beiden haben zusammen eine tolle Geschichte über Steinitz geschrieben, in der sie ihre Interessen vereinigten- Steinitz, Sherlock Holmes und Zeitreisen. Die schachspezifischen Informationen sind nicht ausgedacht, sondern beruhen auf wahren Ereignissen, so erfährt man auch, dass Wilhelm Steinitz als erster Schachweltmeister die Entwicklung des Frauenschachs Ende des 19.Jhdts. förderte. Wirklich eine sehr gelungene Geschichte!
Der zweite Platz geht an Sara Felberbauer und Niklas Steinbauer, die 119 Punkte erreichten! Die beiden haben sich überlegt, zusammen für den Kreativwettbewerb einen Song zu schreiben. Worüber er handelt? Die Power der Frauen! Sowohl der Text als auch die Musik stammen von ihnen selbst, sehr beeindruckend.
Auch noch auf das Stockerl schaffte es Sylvia Karner mit 100 Punkten und ihrer Zeichnung! In ihrem Bild stellt die Dame den König in den Schatten und zeigt, was die Frauen so alles drauf haben!
Außerdem haben wir noch einen Kategoriepreis- die beste Einsendung von einem Mädchen unter 12 Jahren. Und dieser Preis geht an Emma Steinhofer, die sogar gleich zwei Beiträge eingereicht hat. Ein Elfchen und ein Comic, mit dem sie super punkten konnte. Emmas Comic landet mit 93 Punkten auf Rang 4!
Gratulation an alle! Wir bedanken uns für all die tollen und kreativen Einsendungen und werden die Gewinner in den nächsten Tagen kontaktieren!
Einige der Einreichungen werden außerdem in den nächsten Wochen auch auf unseren Social Medias (Instagram + Facebook unter Frauenschach_AUT) online gestellt werden.
Weitere Infos über den Kreativwettbewerb siehe Ausschreibung.
(mm)
Das Präsidium des ÖSB hat in einer gestrigen Online Sitzung nach ausführlichen Diskussionen beschlossen, dass der Termin vom 22.-24. Jänner 2021 für den Auftakt der 1. Bundesliga und der Frauenbundesliga nicht abgesagt oder verschoben wird. Hintergrund für diese Entscheidung ist einerseits, dass die Durchführung durch die Regelungen für den Spitzensport gesetzlich erlaubt ist, dass ausländische Spieler einreisen dürfen ohne in Österreich in Quarantäne zu müssen und dass eine baldige Besserung der aktuellen Lage nicht zu erwarten ist.
Das Präsidium hat aber auch darauf Rücksicht genommen, dass es Vereinen freisteht in der gegenwärtigen Situation nicht spielen zu wollen oder können und hat für sie die Möglichkeit geschaffen, sich bis 15. Jänner zurückziehen können. Alle Strafen und Sperren laut TUWO werden in diesem Fall ausgesetzt. Ein späterer Einstieg in die Meisterschaft ist aber nicht mehr möglich. Die damit verbundene Problematik einer Abstiegsregelung in der 1. Bundesliga wird vom Präsidium zu einem späteren Zeitpunkt kulant geregelt. Zugleich ist sichergestellt, dass jene Vereine, die spielen wollen, spielen können. Für sie gelten die üblichen Bedingungen und Regeln. Eine Sonderregelung gibt es im falle von kurzfristigen Ausfällen von Spielern. Wenn notwendig, wird die Saison 2020/2021 neu ausgelost und die Zahl der zu spielenden Runden angepasst.
Der veranstaltenden Schachklub Fürstenfeld gibt sich mit Siegfried Posch und Klemens Marakovits große Mühe die Veranstaltung so sicher wie möglich abzuwickeln. Den Beiden ist ähnliches bereits im Vorjahr bei einem Jugend-Open in Fürstenfeld erfolgreich gelungen. Im Grazer Hotel Novapark wird es vom 22. bis 24. Jänner zwei getrennte Spielbereiche für 1. Bundesliga und Frauenbundesliga geben. Es kommen drei Sicherheitskonzepte zum Einsatz: jene von Hotel, ÖSB und ein weiteres des Veranstalters. Alle Spieler und Offiziellen werden am 22. Jänner vor Ort mit Antigen-Schnelltests auf Covid-19 getestet. Zudem wird der ÖSB allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern entsprechende offizielle Schreiben des ÖSB und für die Einreise aus dem Ausland zusätzlich ein Begleitschreiben des Sportministerium übermitteln. Die Sportler sind damit in ihrer Reisetätigkeit Personen, die aus beruflichen Gründen Reisen, gleichgestellt. Zudem müssen alle Teilnehmer sich an die vorgegebenen Sicherheitsvorkehrungen halten und deren Kenntnisname beim Organisator schriftlich bestätigen.
Infoseiten: 1. Bundesliga, Frauenbundesliga
wk
Bei unserem 1.Frauenschach_AUT-Turnier Anfang Dezember ist Olga Sikorová, WGM aus Tschechien, hinter Nino Kordzadze und Magdalena Mörwald 3.beste Frau bzw. beste Nicht-AUT-Frau geworden. Zudem hat noch ihre Tochter (siehe Foto) bei dem durchaus erfolgreichen Online-lichess-Turnier mitgespielt.
Wir freuen uns, dass Frauenschach_AUT auch international wahrgenommen wird und haben daraufhin beschlossen Olga zu einem Interview einzuladen. Von ihrer persönliche Schachkarriere, über Mädchen- und Frauenschach in Tschechien, bis hin zu ihrer persönlichen Meinung zu Online-Schach ist alles dabei. Das Interview ist in Deutsch und Englisch verfügbar und es lohnt sich wirklich hineinzuschauen! :)
Interview Deutsch, Interview English
(nm)
Die Nationalspielerin Denise Trippold wurde für die NÖN-Wahl zur Sportlerin des Jahres 2020 im Bezirk Baden nominiert. Insgesamt wurden vier weitere Sportlerinnen zur Wahl aufgestellt, die aus der Leichtathletik und verschiedenen Ballsportarten kommen.
Trippold liegt derzeit mit den zweitmeisten Stimmen sehr gut im Rennen und hat gute Chancen, die führende Fußballerin zu überholen. Abgestimmt werden kann bis zu einmal pro Stunde auf nön.at. Die Wahl läuft bis zum 29. Jänner.
Link zum Voten
(nm)
Das zweite Turnier der Chess Champions Tour bringt einen zweiten Überraschungssieger. Nachdem Wesley So beim Skilling Open Ende November gegen Magnus Carlsen erfolgreich war, zeigt sich über Neujahr Teimour Radjabov in bestechender Form. Er lässt im Halbfinale Daniil Dubov, der zuvor Carlsen ausgeschaltet hatte, keine Chance und setzt sich dann in einem spannenden Finale gegen Levon Aronian ebenfalls in zwei Sätzen durch.
Es ist letztlich ein verdienter Sieg von Radjabov. Er spielte praktisch fehlerlos und nutzte seine Chancen, wenn seine Gegner zu viel riskierten. Insbesondere Dubov ist ihm damit in die Falle gegangen, aber auch Aronian hat im ersten Satz mit Weiß in der vierten Partie zu viel gewollt. Gerade als Radjabov signalisiert mit einer Zugwiederholung einverstanden zu sein, geht Aronian impulsiv "all in", verschlechtert damit aber nur seine Stellung und wird eiskalt ausgekontert.
Der zweite Satz beginnt für Aronian vielversprechend. Wieder riskiert er, aber diesmal verpasst Radjabov einen vorteilhaften Zwischenzug. Aronian opfert einen Turm erhält aber überwältigenden Angriff. Bei knapper Zeit findet er aber nicht den stillen Gewinnzug, Radjabov kann sich befreien und Aronian muss froh sein, zumindest das Remis mit einem Dauerschach zu retten. Bereits in der nächsten Partie fällt eine Vorentscheidung. Radjabov gewinnt mit Weiß einen Bauern. Aronians Hoffnungen ruhen auf ungleichfarbigen Läufern. Da aber auch noch Türme am Brett sind, ist die Verteidigung schwierig und letztlich gelingt Radjabov mit einem Sieg die Vorentscheidung. In der dritten Partie drückt Aronian noch einmal in einem Italiener und erreicht ein vorteilhaftes Endspiel, das Radjabov aber halten kann. Das Remis sichert ihm den Sieg und das 1. Preisgeld in Höhe von 60.000 Dollar.
Den dritten Platz sichert sich Maxime Vachier-Lagrave mit einem Sieg gegen Daniil Dubov. Allerdings hat der Russe das Match dominiert, aber eine Gewinnstellung nach der anderen ausgelassen. Bereits im ersten Satz vergibt er einen 2:0 Führung und muss sich mit einem 2:2 begnügen. Auch im zweiten Satz hat Dubov wieder seine Chancen, verliert aber gleich in der 1. Partie erneut eine Gewinnstellung. Beim Stand von 1,5:1,5 gelingt Vachier-Lagrave dann endlich seinerseits eine überzeugende Partie und ein Sieg zum 2,5:1,5 Endstand im zweiten Satz, der zugleich den Gesamtsieg bedeutet.
Das nächste Turnier der Serie folgt vom 6. bis 14. Februar. Man darf gespannt sein, ob einer der beiden Online-Riesen, Carlsen und Nakamura, erstmals erfolgreich sein werden, oder ob die Konkurrenz die Lücke inzwischen schließen konnte.
Turnierseite
WK
Der Österreichische Schachbund dankt allen Spielern, Trainern, Schiedsrichtern, Funktionären und Fördergebern für ihren Einsatz und ihre Unterstützung im vergangenen Jahr. Es war für uns alle eine große Herausforderung mit den Folgen der Pandemie umzugehen. Gerne hätten wir das 100-jährige Jubiläum des ÖSB anders gefeiert. Immerhin konnten wir alle Staatsmeisterschaften der Allgemeinen Klasse und der Frauen austragen, erste Meisterschaften im Online-Schach organisieren und den Trainingsbetrieb mit vielen Online-Angeboten einigermaßen aufrecht halten. Im Sommer waren zudem Open in St. Veit und Innsbruck möglich. Zum Jubiläum konnten wir das 100-Jahre Magazin auflegen und eine Jubiläums-Uhr präsentieren. Das geplante Highlight, der Vereins-Europacup in Mayrhofen, musste leider wie alle anderen internationalen Meisterschaften ausfallen. Der ÖSB hat von der ECU eine Option den Europacup 2022 austragen zu können.
Wir hoffen, dass 2021 im Laufe das Jahres auch bei Turnieren vor Ort wieder "Normalität" einkehrt und wir viele nationale und internationale Veranstaltungen erleben werden. In diesem Sinne wünschen wir allen Schachfreunden noch etwas Geduld und ein
FROHES NEUES JAHR 2021
Die nunmehr 100-jährige Geschichte des ÖSB lässt sich gut in drei Perioden einteilen: vor, während und nach dem 2. Weltkrieg. 46 Jahre davon hat Kurt Jungwirth von 1971 bis 2017 den ÖSB als Präsident geführt, lässt man die acht Jahre der Kriegszeit aus, dann hat der Fan des SK Sturm eine ganze Halbzeit der 100 Jahre regiert.
WK: Lieber Kurt, wie geht es dir und wie hast du das Jubiläumsjahr des ÖSB persönlich erlebt.
KJ: Ein Virus hat das 100-Jahr Jubiläum leider stark gestört. In Graz hatten wir das Glück, das traditionelle, große Internationale Turnier im Februar gut über die Bühne zu bringen. Ein paar Wochen später hätten wir einen Scherbenhaufen erlebt. Es hat internationale Versuche gegeben, Corona online zu überspielen. Erfreulich war, dass es uns gelang, die Österreichischen Jugendmeisterschaften auf diese Weise zu retten. Eine organisatorische und technische Meisterleistung.
WK: Du bist 2017 als Präsident des ÖSB zurückgetreten. Wie ist seither deine Verbindung mit Schach geblieben?
KJ: Ich verfolge ungebrochen das Schachgeschehen in Österreich und international. Es ist erfreulich, dass mein Nachfolger, Christian Hursky, sehr ambitioniert tätig ist. Trotz mancher Diskussion muss Zusammenhalt oberstes Prinzip im ÖSB bleiben.
WK: Anfang Dezember ist im Beyer-Verlag von dir, Ehn und Ragger ein Buch über Eva Moser erschienen, das du initiiert hast. Warum war es dir ein so großes Anliegen dieses Buch herauszubringen?
KJ: Von allen Österreicherinnen, die seit 1920 auf die Welt gekommen sind und Schach spielten und spielen, ist Eva Moser die Größte. Mit ihrem fulminanten Aufstieg kam sie, wie ganz wenige Frauen auf der Welt, dem Titel eines (männlichen) Großmeisters ganz nahe. Ihrem schöpferischen Werk musste ein Denkmal gesetzt werden. In dem Buch hat Markus Ragger ihren wertvollen Nachlass analysiert. Michael Ehn hat einen umfassenden Artikel über Frauenschach in Österreich verfasst.

WK: Zurück zu den Anfängen und zu positiven Erlebnissen. Wie war es möglich 46 Jahre an der Spitze eines Verbandes zu bleiben, insbesondere wenn man bedenkt, dass du diese Funktion nicht aktiv angestrebt hast?
KJ: Eigentlich wollte ich ursprünglich ein starker Spieler werden, dann holten mich aber Funktionen ein. Dass ich in der Landesregierung der Steiermark landete, hatte ich nie geplant. Auch nicht, dass 1970 eine Delegation aus Wien mich bat, die Führung des ÖSB zu übernehmen. In Wien gab es sehr gute Spieler und starke Vereine, aber die Funktionäre, die dort den ÖSB leiteten, waren uneinig. So wurde ich im September 1971 einstimmig in der Versammlung aller Bundesländer gewählt. Die lange Dauer in einer Präsidentschaft musste mehrere Gründe haben. Sicherlich einen leidenschaftlichen Bezug zum Schach. Ich hatte das Glück, hervorragende Mitstreiter zu finden und muss an der Spitze für viele Karl und Gertrude Wagner zitieren, die für Schach sozusagen Tag und Nacht brannten. Im Laufe der Jahre bin ich ganzen Generationen von Spielern und Organisatoren begegnet, mit deren Einsatz sich der ÖSB weiterentwickelte.
WK: Zu deinem Abschied im ÖSB haben Eva Moser, Michael Ehn und das Team von Schach Aktiv in einer Sonderausgabe dein Schaffen für das österreichische und internationale Schach aufgearbeitet. Wenn du dir dieses Heft durchblätterst, bist du dann selbst überrascht wie viel da gelungen und innovativ aufgebaut worden ist? Ich denke beispielsweise an die Jugendmeisterschaften, die mit einer Altersklasse begonnen haben. 2017 waren es dann jährlich 37 Bewerbe (Buben, Mädchen, U8 bis U18, Standard, Rapid, Blitz). Oder an die Gründung der ECU, des Mitropacups, die vielen internationale Veranstaltungen…
KJ: Ich erinnere mich an weitere nachhaltig Etappen. Es gelang 1976 Schach in den Lehrplänen österreichischer Schulen als Freigegenstand oder Unverbindliche Übung durchzubringen. Daraus entstanden die Bundes-Schülerligen. Die Staatsliga wurde bereits 1975 als Vorgängerin der Bundesligen gegründet. International wurde 1976 der Mitropacup neu erfunden. 1981 übernahm der ÖSB die Herausgabe von Schach-Aktiv.
WK: Bei all dem, das gelungen ist. Welche drei Ereignisse siehst du als deine größten Erfolge?
KJ: Mich interessierte stark das internationale Schach, wobei mir Sprachkenntnisse zu vielen Verbindungen verhalfen. 1978 wurde auf dem FIDE-Kongress in Buenos Aires Fridrik Olafsson neuer Präsident. Zum ersten Mal wurde in der anwachsenden FIDE ein Sprecher für Europa gesucht. Ich wurde gewählt und kam auf diese Weise in die Spitze des Weltverbandes. Das war ein entscheidender Moment für die Zukunft.
Am 30. August 1985 wurde auf dem FIDE-Kongress in Graz die erste Kontinentale Versammlung für Europa, die ECU, die European Chess Union, gegründet. Initiator und erster Präsident war Rolf Littorin aus Schweden. Er übergab mir das anfänglich schwierige Amt ein Jahr später. Der Kalte Krieg in der Politik verzögerte die Entwicklung, aber nach der Auflösung der Sowjetunion entstand der heute mächtige Verband, dem ganz Europa, mit Ausnahme des Vatikans, angehört.
Am 1. Jänner 2005 wurde der ÖSB Mitglied der BSO und damit in Österreich als Sport anerkannt. Nach langem Ringen eröffneten sich für Schach neue Möglichkeiten, Kaderarbeit, Trainersystem, Sekretariat für neue Organisation.
WK: Gab es auch etwas, das du letztlich nicht umsetzen konntest, aber gerne getan hättest?
KJ: Verbesserte Entwicklung des Schulschachs in Österreich, im Sinne des Beschlusses des Europäischen Parlaments, der den Mitgliedsländern der EU empfahl, Schach, soweit nicht schon geschehen, in ihr Bildungssystem aufzunehmen.
WK: In einem Interview mit der Journalistin Felicitas Freise hast du 1971 gemeint: Schach braucht Fantasie! Ich habe in unserer 15-jährigen engen Zusammenarbeit im ÖSB immer deine Zielstrebigkeit und Disziplin bewundert. Braucht es im Schach mehr Disziplin oder mehr Fantasie?
KJ: In jüngsten Jahren beginnt der Zugang mit der Neugierde auf das Spiel und der Freude am Wettkampf. Talent zeigt sich früh mit Fantasie, die auf dem Brett die Zukunft sieht. So beginnt ein Übergang zu einer sportlichen Aktivität. Wenn der Spieler oder die Spielerin es ernst meint, brauchen sie Fitness im Kopf und körperlichen Ausgleich. Fantasie ohne Disziplin reicht nicht. Disziplin ohne Fantasie reicht gar nicht.
WK: Wir beide sind in Graz im Bezirk Jakomini groß geworden, unweit der "Gruabn", der Heimstätte des SK Sturm. Du bist ein Fan des SK Sturm und des Fußballs. Siehst du Ähnlichkeiten zwischen Fußball und Schach?
KJ: Schach ist Einzel-, Fußball Mannschaftssport. Beide treffen sich in der Notwendigkeit, intensiv zu trainieren, sich fit zu erhalten, mental während des ganzen Matches, der ganzen Partie, voll konzentriert zu sein. Klarer Siegeswille, Fairness.
WK: In wenigen Tagen beginnt das Jahr 2021. Was sind aus deiner Sicht die wichtigsten Aufgaben des ÖSB für die nächsten Jahre? Wo würdest du den österreichischen Schachsport in 10 Jahren national und international gerne sehen?
KJ: Den ÖSB in allen Kategorien breit aufstellen.
Mehr Frauen, die sich für Mädchen- und Frauenschach engagieren.
Sportliche Spitzenleistungen unterstützen, dadurch Interesse in den Medien halten und steigern, als Voraussetzung für finanzielle Förderung durch die öffentliche Hand und private Sponsoren.
Österreich sportlich und organisatorisch international gut positionieren.
WK: Danke für das Gespräch.
Die Ära Kurt Jungwirth, Schach Aktiv Sonderheft...

mit einem Porträt Jungwirths der Journalistin Felicitas Freise:

31.12.2020
Walter Kastner