Kandidaten - Karjakin auf Überholspur, Ding verpasst Sieg
Sergey Karjakin ist der Gewinner der 11. Runde in Berlin. Nachdem Karjakin mit zwei Niederlagen denkbar schlecht in das Turnier gestartet war, konnte er sich mit Remisen einigermaßen erholen, um in den letzten fünf Runden mit drei Siegen mächtig aufzuholen. Sein gestriges Opfer war ein sichtlich angeschlagener Levon Aronian. Karjakin demonstriert erneut seine gute Vorbereitung gegen Katalanisch und als Aronian ein Fehler unterläuft, lässt sich der Russe nicht zweimal bitten. Mit diesem Sieg schließt Karjakin in der Tabelle zu Grischuk auf, der seinerseits mit Glück und Zähigkeit knapp über der 50%-Marke bleibt. In seiner Partie gegen Ding Liren spielt der Chinese groß auf und zeigt erstmals sein agressives Potenzial. Doch dann verpasst Ding zweimal eine Fortsetzung mit der er Grischuk zur sofortigen Aufgabe zwingen hätte können, behält aber weiter Vorteil, der ihm dann nach und nach entgleitet. Statt eines glanzvollen Sieges wird es es sein elftes Remis. Punkteteilungen gibt es auch in den Partien der Führenden. Mamedyarov gleicht gegen So mit der "Karjakin-Variante" gegen Katalanisch sicher aus. Caruana läuft in eine giftige Neuerung von Kramnik, hält die Stellung aber im Gleichgewicht. Heute kommt es in Berlin zum Schlager zwischen Karjakin gegen Caruana. Kann sich der letzte WM-Herausforderer mit einem Sieg doch noch an die Spitze setzen? (wk, Foto: FIDE)
Turnierseite, Paarungen (PDF), Agon, FIDE
Ergebnisse bei Chess-Results
Blog von Stefan Löffler in der Frankfurter Allgemeine
Berichte von Anatol Vitouch in "DerStandard"
Daniel King: Videozusammenfassung der 11. Runde

In der 10. Runde des Kandidatenturniers in Berlin kam es nach einem Ruhetag zum direkten Duell der Führenden. Fabiano Caruana weicht mit Schwarz einem Kampf nicht aus und opfert mutig zwei Bauern für Kompensation. Shakhriyar Mamedyarov zeigt sich aber auf der Höhe, tauscht die Damen und befreit seine Stellung mit einem Qualitätsopfer. Danach kann nur noch er mit Läufer und zwei Bauern für einen Turm auf Gewinn spielen. Caruana verteidigt sich aber gut, die Punkteteilung rettet ihm die Führung. In den verbleibenden vier Runden spielt Caruana noch gegen Kramnik, Karjakin, Aronian und Grischuk. Mamedyarov bekommt es mit So, Ding, Grischuk und Kramnik zu tun. Kramnik beendet gestern mit einem Sieg gegen Aronian seine Durststrecke. In einem an und für sich ruhigen Italiener suchen beide Spieler den Sieg, das Brett steht bald in Flammen und entzückt in der Kommentatorenkabine Judit Polgar und Lawrence Trent. Beide finden sich in den Verwicklungen großartig zurecht, so war es eigentlich schade, dass Aronian die Partie in Zeitnot knapp vor der Zeitkontrolle einstellt. Wie Kramnik hat nun auch Aronian bereits vier Partien verloren, aber erst eine gewonnen. Für Kramnik ist es der dritte Sieg. Grischuk muss sich gegen Karjakin mit einem Remis begnügen, hat es aber in der Hand die Führenden noch zu ärgern. Remis endet auch die Partie zwischen Ding und So. Die 11. Runde beginnt heute um 15:00 Uhr MEZ. (wk, Foto: FIDE)
In der 9. Runde verpasst Fabiano Caruana gegen Ding Liren einen möglichen Sieg und damit die Chance seinen Vorsprung auszubauen. Der Amerikaner erreicht aus der Eröffnung heraus ein angenehmeres Endspiel und setzt Ding stark unter Druck. Doch die "chinesische Mauer" hält. Ding domonstriert seine bekannte Zähigkeit in der Verteidigung und erreicht sein neuntes Remis in Berlin, nicht zuletzt weil Caruana in Zeitnot zwei Gewinnwege und damit auch eine Vorentscheidung verpasst. Mamedayrov bleibt mit einem Schwarzremis gegen Grischuk in Reichweite. Wenn es bereits schlimm ist, kommt es oft noch schlimmer. Diese Erfahrung musste gestern Kramnik machen. Nach zwei eher unglücklichen Schwarzniederlagen in den Runden sechs und acht, folgte eine dritte gegen Karjakin. Im Duell der Russen läuft Kramnik in eine Neuerung und reagiert darauf mit dem aktiven aber auch schwächenden f5. Danach geht Kramnik mit einem Turmopfer erneut aufs Ganze, Karjakin widerlegt das Opfer aber problemlos und ist mit seinem zweiten Sieg zurück bei der 50%-Marke. Ein ereignisloses Remis gibt es zwischen So und Grischuk.
Die Europameisterschaft in Batumi steht zwar etwas im Schatten des Kandidatenturniers ist aber ein bärenstarkes Turnier. Nach vier Runden führt der Armenier Robert Hovhannisyan als einziger Spieler mit vier Punkten vor 13 Spieler mit je 3,5 Punkten. In den Top-20 der Zwischentabelle findet sich keiner aus den Top-10 der Setzliste!! Die Stars folgen erst in der Gruppe der Spieler mit drei Punkten. Die Österreicher liegen im Mittelfeld. Andreas Diermair startet mit zweieinhalb Punkten aus vier Partien. David Shengelia und Martin Christian Huber halten bei zwei Punkten. Die beste Leistung mit Performances über 2500 zeigten bisher aber Felix Blohberger und Gert Schnider. Die Beiden spielen bisher "synchron". Je drei Remisen gegen Spieler der 2600-er Kategorie folgen in der vierten Runde mit Schwarz leider erste Niederlagen. Die fünfte Runde folgt heute um 12:00 MEZ. Den stärksten Gegner hat Andreas Diermair mit dem Polen Michal Krasenkow gegen den Schnider in der zweiten Runde remisieren konnte. (wk, Foto: ECU)
Die Rückrunde des Kandidatenturniers beginnt mit einem Sieg von Alexander Grischuk gegen Vladimir Kramnik. Im Duell der Russen spielt Grischuk eine neue Idee gegen Kramniks Lieblingsverteidigung, die Semi-Tarrasch Eröffnung, erhält aber keinen nennenswerten Vorteil. Doch beide kämpfen unverdrossen weiter und nach der zweiten Zeitkontrolle verschärft sich die Situation in beiderseitiger Zeitnot. Grischuk findet keinen rechten Plan seinen Mehrbauern zu verwerten, am Ende kommen ihm aber seine Zeitnoterfahrung und eine Wunderzug zur Hilfe. Grischuk kommt mit diesem Sieg Caruana und Mamedyarov einen halben Punkt näher. Für Kramnik läuft nach seinem tollen Start mit 2,5/3 seit seiner unglücklichen Partie gegen Caruna alles schief. Ähnlich verläuft die Partie zwischen Ding Liren und Levon Aronian. Der Chinese kann seinen Bauernvorteil nicht entscheidend verbessern. Stellungsglück hat er auch keines, daher Remis. Eine Punkteteilung nach Kampf gibt es zwischen den Amerikanern Wesley So und Fabiano Caruana. So platziert seine Springer mitten im Feindeslager, wo er sich zu verlaufen droht, kann ihn aber mit einem Qualitätsopfer befreien und die Partie studienartig retten. Shakhriyar Mamedyarov bleibt seiner soliden Spielweise auch gegen Sergey Karjakin treu. Das ist aber zu wenig um den WM Herausforderer von 2016 zu besiegen. In der Tabelle führt Caruana (5,5/8) vor Mamedyarov (5), Grischuk (4,5) und Ding (4). Alle anderen haben ohne größeres Wunder keine Siegeschancen mehr. Die neunte Runde beginnt um 15:00 Uhr mit So-Grischuk, Caruana-Ding, Aronian-Mamedyarov und Karjakin-Kramnik. (wk, Foto: FIDE)