Dommaraju Gukesh und Tan Zhongyi gewinnen Kandidatenturnier

Dommaraju Gukesh gewinnt das Kandidatenturnier in Toronto mit neun Punkten aus vierzehn Partien mit einem halben Punkt Vorsprung auf das Trio Hikaru Nakamura, Fabiano Caruana und Ian Nepomniachtchi. Der 17-jährige Inder hat damit die Chance Weltmeister Ding Liren in einem Match herauszufordern und jüngster Weltmeister der Schachgeschichte zu werden.

Das Finale hätte kaum spannender sein können. In der Vorschlussrunde erkämpft Gukesh in einer heißumkämpften Partie gegen Alireza Firouzja seinen fünften Sieg im Turnier, revanchiert sich für die einzige Niederlage aus der Hinrunde und übernimmt die alleinige Führung. Fabiana Caruana kann mit einem Sieg gegen R Praggnanandhaa zu Nepomniachtchi und Nakamura aufschließen, die im direkten Duell remisieren. 

Die Dramaturgie der Schlussrunde hätte besser nicht sein können. Die vier Siegeskandidaten treffen in direkten Duellen aufeinander. Nakamura steht gegen Gukesh ebenso unter Siegzwang wie Caruana und Nepomniachtchi in ihrer Partie gegeneinander. Gukesh reicht hingegen ein Remis um zumindest ein Tie-Break sicher zu haben. Der junge Inder löst die Aufgabe mit Bravour. In einem angenommenen Damengambit findet Gukesh mit Schwarz bereits im zehnten Zug einen überzeugenden Ausgleichsplan in einer Stellung gegen den isolierten Damenbauern. Nakamura erhält keinerlei Siegeschancen. Im 71. Zug stehen nur mehr die Könige am Brett. Remis!

Die Partie zwischen Caruana und Nepomniachtchi wird für den Amerikaner zum Drama. Nach einer Ungenauigkeit von Nepomniachtchi bekommt Caruana Vorteil und baut diesen kontinuierlich aus. Im 30. Zug attestieren die Kommentatoren dem Amerikaner eine Gewinnstellung. Nepomniachtchi hält mit dem Rücken zur Wand in aufkommender Zeitnot seines Gegners dagegen und leistet zähen Widerstand. Caruana schafft die Zeitkontrolle, verpasst aber im 41. Zug eine Gewinnidee und büßt einen großen Teil seines Vorteils ein. Doch damit beginnt das Drama erst. In einer für Menschen nicht zu berechnenden Stellung wechseln die Engines in ihren Bewertungen in Folge mehrfach zwischen Gewinnstellung für Caruana und Remisvarianten für Nepomniachtchi. Im 66. Zug passiert Caruana dann der entscheidende Fehler. Trotz einer Qualität mehr, lässt sich die Stellung nicht mehr gewinnen. Caruana versucht noch alles, die Partie wird mit 109 Zügen zur längsten des Turniers, ehe Caruana mit einem Remisangebot das Unvermeidliche akzeptiert.

Gukesh erspart sich einen Stichkampf und ist WM-Herausforderer! Sein Sieg ist hochverdient und wäre noch klarer ausgefallen, hätte Gukesh seine gute Stellung gegen Firouzja in der siebenten Runde gewonnen und nicht in hochgradiger Zeitnot noch verloren. Er steckt diesen Rückschlag aber mit einem Schwarzsieg gegen Vidit beeindruckend weg und überzeugt trotz seiner Jugend mit seiner kaltblütigen und effizienten Spielweise.

Der kommende Zweikampf zwischen Ding Liren und D Gukesh ist einer für Geschichtsbücher. Erstmals stehen sich zwei Asiaten gegenüber. Erstmals ist kein Europäer dabei. Erstmals spielt ein Teenager um die WM-Krone. Gukesh könnte im Falle eines Sieges der jüngste Weltmeister aller Zeiten werden. Kasparow und Carlsen haben den Titel jeweils mit 22 Jahren gewonnen. Der jüngste Herausforderer ist er bereits.

WM-Herausforderin bei den Frauen ist die Chinesin Tan Zhongyi. Sie gewinnt das Kandidatenturnier mit neun Punkten vor Humpy Koneru (IND), Lei Tingjie (CHN) und R Vaishali (IND, alle siebeneinhalb Punkte) und wird gegen ihre Landsfrau Wenjun Ju um die Weltmeisterschaft spielen. Chancen auf den Sieg hatte außer Tan nur ihre Landsfrau Lei. Im Fernduell mit Tan steht Lei in den beiden Schlussrunden unter Siegzwang und verliert beide Partien gegen Vaishali und Koneru. Die Vormachtstellung Chinas im Frauenschach ist weiter zementiert. (wk, Foto: FIDE)

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