Holländischer Doppelsieg in Wijk aan Zee

Das Tata Steel 2021 in Wijk aan Zee wird als dramatisches Turnier mit Herzschlagfinale und einem heimischen Sieger in die Geschichte eingehen. Allerdings steht nicht Hollands Superstar Anish Giri ganz oben am Podest, sondern sein junger Landsmann Jorden Van Foreest, dem als 100:1 Außenseiter eine der größten Sensationen der Schachgeschichte gelingt.

Dabei stand das Turnier zuerst ganz im Zeichen von Anish Giri, der nach einem Remis in der 11. Runde gegen Carlsen auf dem Weg zum Sieg scheint. In der 12. Runde verpasst Giri gegen Alireza Firouzja allerdings einen ersten Matchball. Der 17-jährige Iraner unter FIDE-Flagge rettet eine verloren Stellung ins Remis.

Giri geht dennoch mit einem halben Punkt Vorsprung in die Schlussrunde gefolgt von dem Trio Caruana, Firouzja und Van Foreest. Van Foreest zeigt gegen Grandelius von Anfang an Risikobereitschaft und kann mit einem Sieg vorlegen. Zugleich überspringt er erstmals die 2700 Elogrenze und katapultiert sich in die Top-40 der Welt. Caruana wird mit Schwarz von Tari in einem Abtauschfranzosen abremisiert und ist aus dem Rennen um den Sieg. Zeitgleich steht Firouzja gegen Wojtaszek auf Gewinn und scheint mit Van Foreest gleichzuziehen. Als Giri eine schwierige Stellung gegen Anton doch ins Remis rettet steht ein Tie-Break zwischen den beiden Holländern fest, da sie die bessere Zweitwertung gegenüber Firouzja haben. Dieser kämpft noch um den Sieg als Giri und Van Foreest bereits zwei Blitzpartien um den Turniersieg spielen, verdirbt aber die Gewinnstellung zum Remis.

Das Tie-Break ist dann an Dramatik nicht mehr zu überbieten. In der ersten Blitzpartie bekommt Giri mit Schwarz seinen zweiten Matchball, verpasst aber im 26. Zug ihn zu nutzen und um den gegnerischen König ein Mattnetz zu ziehen. Die zweite Blitzpartie bringt Giri einen Mehrbauern im Turmendspiel, Van Foreest kennt aber den Weg ins Remis. Die Entscheidung muss in einer Armageddon Partie fallen. Giri bekommt Weiß zugelost und muss gewinnen. Er wählt die Londoner Eröffnung und erlangt einen "dritten Matchball", aber erneut ist es der 26. Zug, in dem er den Gewinn auslässt. Plötzlich hat Van Foreest einen Bauern mehr in sicherer Stellung und alle Chancen das Turnier für sich zu entscheiden. Das Remis vor Augen übersieht er in Zeitnot aber seinen Läufer und plötzlich steht Giri wieder auf Gewinn. Doch die Zeit reicht nicht. Giri fällt im 58. Zug die Klappe, zwei Züge bevor er für jeden Zug ein Inkrement bekommen hätte.

Schmerzlich für Giri, den Holländern bleibt aber ein umjubelter Doppelsieg. Der junge Russe Andrey Esipenko wird dank besserer Feinwertung vor Caruana und Firouzja Dritter. Alle Drei haben einen halben Punkt Rückstand auf die beiden Sieger. Carlsen kann seinen Titel nicht verteidigen und muss sich diesmal mit dem sechsten Platz begnügen. Das ist aber noch immer +2 in einem starken Feld.

Turnierdirektor Jeroen van den Berg: „Ich bin sehr stolz darauf, dass die 83. Ausgabe des Tata Steel-Schachturniers so erfolgreich war. Millionen von Menschen auf der ganzen Welt haben es genossen, das erste klassische Top-Schachturnier seit langer Zeit zu sehen. Und die 14 Großmeister haben Schachliebhabern ein spektakuläres Turnier präsentiert, einschließlich eines großen Finales."

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