
Der FIDE World Cup in Goa bleibt auch zur Turnierhalbzeit unberechenbar. Nach dem überraschenden frühen Ausscheiden mehrerer Top-Spieler in Runde 3 setzte sich die Serie an unerwarteten Ergebnissen auch in den Runden 4 und 5 fort. Das Teilnehmerfeld lichtet sich spürbar.
In Runde 4 erwischte es erneut einige große Namen. Der Inder Praggnanandhaa unterlag im Tiebreak dem Russen Daniil Dubov, während Vincent Keymer gegen Andrey Esipenko ebenfalls in den Schnellpartien ausschied.

Für zusätzliche Überraschung sorgte der gebürtige Peruaner José Martínez Alcantara, der seit einigen Jahren für Mexiko spielt. Er konnte sich eindrucksvoll gegen Alexey Sarana durchsetzen.
Auch Maxime Vachier-Lagrave musste seine Ambitionen begraben: Er verlor gegen den 19-jährigen Russen Aleksey Grebnev. Mit Sam Shanklands Sieg über Richard Rapport gab es einen weiteren Erfolg für einen nominellen Außenseiter.
Die aktuelle indische Nummer 1 Arjun Erigaisi kann sein Match gegen Peter Leko im Tiebreak gewinnen. Fans von Peter Leko finden darin Trost, dass der ehemalige WM-Herausforderer nun für den offiziellen FIDE-Kanal das Turnier mit Jan Gustaffson kommentiert.

Das deutsche Duell zwischen Matthias Blübaum und Alexander Donchenko wurde bereits in den klassischen Partien entschieden – Donchenko setzte sich souverän mit 1.5:0.5 durch. Er ist nun der einzige verbleibende Spieler aus Deutschland.
Das wohl dramatischste Match lieferten Lorenzo Lodici und Samuel Sevian. Der italienische Großmeister, der in einer früheren Runde unter anderem Hans Niemann aus dem Turnier geworfen hatte, kämpfte bis zum Schluss, musste sich jedoch in der Sudden-Death-Partie geschlagen geben.

In Runde 5 standen nur noch acht Matches auf dem Programm, von denen die Hälfte bereits im klassischen Schach entschieden wurden. Dabei gelang Arjun Erigaisi ein bedeutender Erfolg über den zweimaligen World-Cup-Sieger Levon Aronian.
Das russische Duell zwischen Andrey Esipenko und Aleksey Grebnev endete 2.5:1.5 zugunsten Esipenkos. Für viele Beobachter überraschend war das Ausscheiden von Daniil Dubov gegen Sam Shankland. Dubov, bekannt für seinen unkonventionellen Spielstil, erregte aufsehen dadurch, in vielen seiner Partien mit Weiß schnell Remis zu machen und mit Schwarz auf gewinn zu spielen.

Martínez Alcantara bestätigte seine starke Form erneut und eliminierte Pentala Harikrishna im zweiten Tiebreak. Im Viertelfinale wird er es mit dem jungen 2700er Sindarov (UZB) zu tun bekommen.
Für die spannendste Begegnung der Runde sorgten Alexander Donchenko und Le Quang Liem. Der Deutsche stand bereits in der zweiten klassischen Partie kurz vor dem Matchgewinn, ließ jedoch in einem gewonnenen Turmendspiel die entscheidende Fortsetzung aus und ermöglichte seinem Gegner ein Remis. Nach diesem Rückschlag zeigte Donchenko bemerkenswerte mentale Stärke: Er gewann die erste Tiebreak-Partie, verlor jedoch die folgende erneut, und das Muster wiederholte sich in der zweiten Tiebreak-Serie. Erst im dritten Entscheidungsblock brachte er mit einer sehenswerten Angriffspartie die Entscheidung zu seinen Gunsten.

Damit verbleiben für die sechste Runde nur noch vier Paarungen:
Javokhir Sindarov – José Martínez Alcantara
Nodirbek Yakubboev – Alexander Donchenko
Sam Shankland – Andrey Esipenko
Wei Yi – Arjun Erigaisi
Auffällig ist die ungewöhnlich offene Ausgangslage vor dem Viertelfinale: Unter den verbleibenden Spielern weisen nur drei eine Elo-Zahl über 2700 auf – und keiner von ihnen hat bisher an einem Kandidatenturnier teilgenommen. Das Turnier zeigt damit klar, wie stark und gleichzeitig breit die Weltspitze im modernen Schach geworden ist. Für Spannung ist weiterhin gesorgt, wenn morgen um 10:30 Uhr MEZ die erste Partie des Viertelfinales beginnt. (fb, Photos: FIDE)