Schach - OLYMPIADE 2008 

SPECIAL


Schach-Olympiade Dresden
12.11.-25.11.2008

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Olympia Tagebuch
(Karl Heinz Schein, Walter Kastner)
TAG 6

Dresden-Tagebuch 06


Auf nette Weise wurde gestern das österreichische Lager in Dresden verstärkt. Im Rahmen des „Internationalen Jugendcamps Dresden“ reiste auch eine kleine Delegation aus Österreich an, bestehend aus den Tiroler Jugendspielern Fabian Platzgummer und Georg Braun sowie dem Steirer Florian Pracher. Florian, mein Klubkollege vom Schachklub Leoben, traf ich am Nachmittag in der Spielhalle und gemeinsam mit Martin Neubauer besuchten wir  am Abend das Musical „Chess“. Komponiert von den beiden ABBA-Männern Benny Anderson und Björn Ulvaeus und uraufgeführt in London in den 80-er Jahren, schildert das farbenprächtige Spektakel den OST-West-Konflikt im Rahmen einer Schachweltmeisterschaft zwischen einem Amerikaner und einem Russen. Das kommt euch bestimmt irgendwie bekannt vor. In der Tat: Gewisse Eigenheiten des unvergesslichen Bobby Fischer standen Pate für die Handlung des Stücks.









Das Musical  - am bekanntesten ist der Song „One night in Bangkog“ - wurde eigens wegen der Schacholympiade in Dresden aufgeführt, und zwar in der berühmten Dresdener Staatsoperette. Dieses Operettenhaus ist das einzige in Deutschland mit einem fest engagierten Operetten-Ensemble. Und das merkte man. Ein engagiertes, ambitioniertes und zugleich hochprofessionelles Team zeigte eine mitreißende Aufführung. In der Bildergalerie präsentieren wir weitere Aufnahmen.

Neueste Zahlen und Fakten rund um die Schacholympiade:
Am vierten Spieltag stehen nun die endgültigen Teilnehmerzahlen fest. „Nachlosungen oder weitere Nominierungen von Spielern sind nicht mehr möglich“, erklärt Werner Stubenvoll vom Technical Administration Panel (TAP).

1270 aktive gemeldete Schachspielerinnen und Schachspieler sind bei der Olympiade in Dresden dabei, davon 722 Männer in 146 Mannschaften und 548 Frauen in 111 Teams. Hinzu kommen 257 Mannschaftskapitäne und 120 Schiedsrichter. Mehrere Hundert Betreuer, Journalisten, Ärzte, Köche und FIDE-Offizielle begleiten die Teilnehmer. Deren genaue Anzahl wird zum Ende des Turniers bekannt gegeben. Die Spieler der 38. Schacholympiade kommen aus 141 Ländern.

Unter den Mitspielern befinden sich 253 Großmeister, 65 weibliche Großmeister, 176 internationale Meister, 90 weibliche internationale Meister, 91 FIDE-Meister und 86 weibliche FIDE-Meister.

Das schnellste Matt der Olympiade bisher:
In der ersten Runde kam es im Kampf zwischen Nicaragua und den Seychellen am zweiten Brett zu der ersten beendeten Partie der Olympiade. Und das ging verdammt schnell: Schon nach 11 Zügen hatte der Nicaraguaner Jorge Picado seinen Kontrahenten Vital Keith mattgesetzt. Am Ende der Partie hatte der erst zehnjährige Vital fünf Minuten, sein Gegner (ELO 2219) nur Sekunden Bedenkzeit verbraucht. Der junge Mann will das olympische Turnier nutzen, um Erfahrungen zu sammeln – und bald seine Gegner im gleichen Stile mattzusetzen. Am zweiten Tag gegen Mauritius erging es Vital ähnlich – Dresden ist zum Lernen da!

Kommen wir nun zu den aktuellen Ereignissen auf den 64 Feldern:


Herren Runde 4

Br. 54 AUT  Austria (AUT) Elo - 77 TKM  Turkmenistan (TKM) Elo 3 : 1
33.1 GM Ragger Markus 2518 - IM Kakageldyev Amanmurad 2449 1 - 0
33.2 GM Kindermann Stefan 2517 - FM Esenov Annaberdi 2319 1 - 0
33.3 IM Atlas Valery 2465 - Atabaev Yusyup 2219 1 - 0
33.4 IM Neubauer Martin 2422 - IM Amanov Mesgen 2357 0 - 1




Wie lange hält der Erfolgslauf der Österreicher noch an? Beide Teams gewinnen zum dritten Mal hintereinander und halten damit jeweils bei ausgezeichneten 6 Matchpunkten! Beginnen wir bei den Herren. Das Team aus Turkmenistan erwies sich als erwartet zäh und spielstark. Da war es besonders wichtig, dass Valery Atlas die Mannschaft mit einem schön heraus gespielten Sieg gegen die französische Verteidigung rasch in Führung brachte. Dem druckvollen Angriffsspiel am Königsflügel hatte Valerys Gegner nichts entgegenzusetzen. Die Niederlage von Martin Neubauer bedeutete den Ausgleich für Turkmenistan. Martin schnappte sich einen Bauern auf c3, allerdings musste er danach auf die Rochade verzichten, und seine Bauernstellung wurde kompromittiert. Deshalb kam nie so richtig Freude über den Mehrbauern auf. Den Schlussteil der Partie spielte der Turkmene äußerst genau. Es blieb unseren beiden Spitzenbrettern vorbehalten, den Wettkampf deutlich für Österreich zu entscheiden. Stefan Kindermann spielte als Schwarzer in der französischen Abtauschvariante sehr bald den provokanten Vorstoß g7-g5. Weiß konterte mit einem Figurenopfer auf g5. Objektiv zwar nicht ganz korrekt, stellte diese Fortsetzung unseren Großmeister vor einige praktische Probleme und er musste sich äußerst genau verteidigen. Nachdem er geduldig die weißen Angriffsmöglichkeiten neutralisiert hatte, verblieb er mit einer Mehrqualität und realisierte seinen materiellen Vorteil. Eine weitere Glanzpartie spielte Markus Ragger auf Brett 1. Faszinierend war es mitzuverfolgen, wie sein druckvolles Spiel in ein Qualitätsopfer und schlussendlich in einen sehenswerten Angriffsswirbel mündete. 


Markus Ragger spielt erneut souverän im Blickfeld von Zoltan Ribli

Das 3:1 gegen Turkmenistan ist ein beachtliches Ergebnis. Der Lohn dafür: Ein Wettkampf gegen das Weltklasseteam aus Indian an Tisch 6! Das Heimatland des Weltmeisters Anand wird mit vier absoluten Spitzengroßmeistern antreten, was dem Optimismus in unserem Team aber keinen Abbruch tut. Spannende Kämpfe ab 1500 Uhr sind wiederum garantiert.



Damen Runde 4

Br. 36 AUT  Austria (AUT) Elo - 61 BAN  Bangladesh (BAN) Elo 3 : 1
24.1 IM Moser Eva 2376 - WFM Shamima Akter Liza 2094 1 - 0
24.2 WFM Kopinits Anna-Christina 2270 - Khan Nazrana 1987 1 - 0
24.3 WFM Novkovic Julia 2161 - WFM Parveen Seyda Shabana 2079 ½ - ½
24.4 Newrkla Katharina 2071 - WFM Parveen Tanima 2066 ½ - ½


Auch das Damenteam bereit den österreichischen Schachfans viel Freude. Bangladesh wurde mit 3:1 bezwungen, wiederum ohne individuelle Niederlage. Genau wie bei den Herren zeigen sich bislang unsere beiden Spitzenbretter ohne auch nur das geringste Anzeichen einer Schwäche. Eva Moser auf Brett 1 packte eine gifitge, nur scheinbar zurückhaltende Eröffnungsstrategie aus. Nach einem Zwischenschach auf f7 erholte sich die schwarze Stellung nicht mehr und der ungefährdete Sieg ließ auch die übrigen SpielerInnen etwas leichter spielen. Tina Kopinits zeigte, dass sie sich mittlerweile auch in schwerblütigen Positionspartien heimisch fühlt. Wie sie auf den schlechten weißen Läufer spielte, war beeindruckend.  Zwar brachte sie diesmal keine Springergabel an, doch ihr Springer wurde wiederum zum Helden der Partie. Schlussendlich war es ihm vergönnt, mit einem Schach auf h3 das zweizügige Matt einzuleiten!  


Dritter Sieg in Serie für Kopinits und unser Damenteam

Weiterhin ohne Niederlage ist Julia Novkovic. Mit ihrem gestrigen Remis hält sie bei 3 aus 4. Super! Katharina musste sich zuerst mit einem Isolani auseinandersetzen, dann das gegnerische Läuferpaar neutralisieren, was ihr ausgezeichnet gelangt. Das Remis durch Zugwiederholung war das gerechte Ergebnis einer korrekten Partie.

Unter dem Strich steht ein deutlicher 3:1 Erfolg für unsere Schachamazonen. Heute wird es um einiges schwieriger. Gegen die tschechische Republik sind wir zwar Außenseiter, aber…

Also, 15 00 Uhr: Computer einschalten, mit fiebern und Daumen drücken, wenn es heißt, Indien gegen Österreich bei den Herren und  Tschechien gegen Österreich bei den Damen.

Lang lebe unser König!

Heute nach der Runde findet übrigens die legendäre „Bermuda-Party“ – das große Fest für die versammelte internationale Schachfamilie -  statt, deshalb ist für morgen der erste Ruhetag anberaumt.


Ein weiterer Blick auf Dresden:

Gestern habe ich die Frauenkirche vorgestellt. Unweit dieses berühmten Bauwerks findet sich ein kleines Gässchen, das eine bemerkenswerte Besonderheit aufweist, nämlich den sogenannten Fürstenzug. Dies  ist ein überlebensgroßes Bild eines Reiterzuges, der auf rund 25.000 Keramikfliesen aufgetragen wurde und als das größte Porzellanbild der Welt gilt. Es stellt die tausendjährige Geschichte des Fürstenhauses Wettin dar. In der Augustusstraße, also zwischen der Frauenkirche und der Semperoper, wurde dieses Kunstwerk auf der Außenseite des Langen Ganges an der Nordwand des Stallhofs vom Schloss angebracht. Heute ist es eine der meistbesuchten Sehenswürdigkeiten in Dresden. Die Luftangriffe auf Dresden am Ende des Zweiten Weltkriegs im Februar 1945 überstand der Fürstenzug wie durch ein Wunder. Es mussten nur etwa 200 Fliesen ersetzt werden. Von 1979 bis 1980 wurde das Bild gereinigt und restauriert. Einige Daten:

- 102 m Länge
9,5 m Höhe
-
  957 m² Fläche
ca. 25.000 Fliesen

Im Rahmen der 800-Jahr-Feier der Stadt Dresden im Jahr 2006 wurde der Fürstenzug als "lebendiges Bild" erstmals in Szene gesetzt. Seit Mai 2007 sind die Kostüme in einer Ausstellung auf Schloss Rochlitz zu sehen. Insgesamt werden 94 Personen abgebildet, davon 35 Markgrafen, Kurfürsten und Könige Sachsens sowie 59 Wissenschaftler, Künstler, Handwerker, Soldaten, Kinder und Bauern.

















Website of the
Austrian Chess Federation


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