Sieg und Niederlage bei der Schach-Olympiade

Unsere Damen beenden heute mit einem 2,5:1,5 Sieg ihre drei "Ruhetage" und pirschen sich so in der Tabelle wieder nach vorne. Den Sieg verdankt das Team einem hübschen Königsangriff ihrer Nummer 1, Eva Moser. Kopinits, Exler und Novkovic steuern Remisen bei, alle aus der Postion der Stärke. Stark daneben ging die Strategie der Herren. Zwar remisieren Ragger, Kreisl und Danner praktisch problemlos gegen die höher gesetzten Italiener, aber David Shengelia gamblet ein bischen zuviel und verliert Partie und Wettkampf. Morgen wartet Venzuela auf unsere Herren und Montenegro auf die Damen. Zwei lösbare Aufgaben. An der Spitze ragen heute ein 4:0 Sieg der Russinnen gegen Ungarn heraus, sowie ein Sieg der Ukraine gegen Georgien, wobei Iwantschuk gegen den bisher so erfolgreichen Jobava sein sechster Sieg in Serie gelint. Unter "Weiterlesen" folgt der Bericht der Runde von Karl-Heinz Schein. (wk)
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Die Damen haben das Siegen nicht verlernt, die Herren halten sich achtbar

Ich habe es gestern schon angekündigt, die Damen haben sich vorgenommen, „in der zweiten Hälfte“ nochmals durchzustarten. Und tatsächlich, der 2,5 zu 1,5 Sieg gegen Moldawien ist ein wirklich erfreuliches Ergebnis. Schade, dass die Herren gegen Italien so wie gestern knapp 1,5 zu 2,5 verloren.


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Präsident Jungwirth erheitert Eva Moser vor Partiebeginn

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Die Wettkampfschiedsrichter zeigen, dass alle an ihrem Platz sind


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Unserer zeigt gleich darauf bemerkenswerten Scharfsinn...


Beginnen wir mit den siegreichen Damen:

Eine Partie aus einem Guss spielte Eva Moser am Spitzenbrett. Den strategischen Patzer ihrer Gegnerin, die sich entschlossen hatte, mit c5-c4 das Zentrum abzuschließen, beantwortete unsere Nummer 1 mit einem lehrbuchartig vorgetragenen Königsangriff. Die Schlusspointe ist sehenswert. Mit dieser 1:0 Führung in der Tasche spielte es sich auch für die drei anderen Damen leichter und siehe da – alle Partie entwickelten sich vorteilhaft. Tina behandelte die Caro-Kann Verteidigung großartig und holte sich im Mittelspiel Material- und Stellungsvorteil. Ihrer moldawischen Gegnerin gelang es allerdings, sich in ein Turmendspiel zu flüchten und dieses tatsächlich remis zu halten.

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Kopinits schafft ein Remis

Ähnlich verlief die Partie von Veronika Exler. Ihr gefürchteter c3-Sizilianer brachte ihr eine vielversprechende Stellung ein, für das Endspiel hatte sie sich zwei Mehrbauern herausgespielt, doch irgendwie gelang es auch hier ihrer Gegnerin, mit Hängen und Würgen einen halben Punkt zu ergattern.

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Veronika Exler verpasst nur knapp ihren ersten Sieg

Julia Novkovic hatte eine interessante Variante gegen die italienische Eröffnung vorbereitet und es entwickelte sich ein faszinierendes Mittelspiel. Der offene Schlagabtausch endete friedlich. Julia hätte die Schlussstellung im Notfall noch weiterspielen können, aber mit Rücksicht auf die beiden noch laufenden, deutlich vorteilhaften Partien von Veronika und Tina bot sie klugerweise Remis an, was letztendlich den Mannschaftssieg fixierte.

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Auch Julia Novkovic steuert einen halben Punkt zum guten Gelingen bei


Fazit: Wenn Eva zur gewohnten Form aufläuft, reißt sie die gesamte Mannschaft positiv mit. Genau das hat die gestrige Runde gezeigt, und wir hoffen, dass sich diese These auch heute gegen Montenegro bestätigt.

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Er scheint besorgt...

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... doch am Ende scheint die Sonne! Mit einem 2,5:1,5 sind Österreichs
Damen zurück auf der Siegerstraße


Zu den Herren:

Die Luft ist dünn am ersten Brett. Auf Markus Ragger wartete mit Fabiano Caruano ein weiterer Weltklassemann aus der Kategorie 2700 Elo. Dieser konnte mit Weiß aus der Eröffnung jedoch nichts herausholen, die von Caruana gespielte katalanische Eröffnung erwies sich diesmal gehen einen gut eingestellten Markus als zahnlos. Fraglos ein schöner Erfolg für Österreichs Nummer 1.

Danner Georg auf Brett vier erweist sich weiterhin als eine für seine Gegner nicht zu knackende Nuss. Mit grundsolider Vorbereitung und hochprofessioneller Einstellung ist er wie immer ein Vorbild auch für die jüngeren Teammitglieder. Wilde Nebenvarianten blieben hinter den Kulissen,am Brett sah man die soliden Züge; Als Georg ein Remisangebot serviert bekam, betrachtete sich Trainer Ribli die Gesamtsituation auch an den übrigen Brettern und nach kurzer Überlegung nahm das österreichische Team das Remis an.

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Dritter Einsatz von Routinier Georg Danner, zweieinhalb Punkte

Robert Kreisl rührte am 3. Brett Beton an und servierte seinem Gegner eine wasserdichte Caro-Kann Vorbereitung. Weiß konnte in keiner Phase der Partie einen Vorteil nachweisen, der logische Ausgang dieser Partie war ein Unentschieden, somit stand es 1,5 zu 1,5 und die Partie von David Shengelia musste über den Ausgang des Wettkampfs entscheiden. David legte seine Partie gegen GM Godena von Anfang an ausgesprochen aggressiv an, der frühe Vorstoß des g-Bauern in der an sich ruhigen Englischen Eröffnung symbolisierte seine kämpferische Einstellung. Leider blieb das hohe Risiko, das unser GM auf Brett 2 nahm, unbelohnt. Mit einem König, der im Zentrum steckenblieb, büßte Weiß für seine ultrascharfe Eröffnungswahl. Die Niederlage besiegelte auch das Schicksal des gesamten Wettkampfes, eine Niederlage , die ebenso knapp wie ehrenvoll war.

Fazit:

Nach zwei knappen Niederlagen gegen die Favoriten Frankreich und Italien in den letzten beiden Runden beschert uns die Computerauslosung heute mit Venezuela einen gefährlichen, aber durchaus schlagbaren Gegner. Es wird also sehr spannend, wenn sowohl die Damen als auch die Herren ab 15:00 Uhr Ortszeit (11:00 Uhr in Österreich) versuchen, ihr Punktekonto aufzufetten. Also dann, lang lebe der rotweißrote König!

 

Ein interessante, kuriose Ergebnisfolge sprang mir heute ins Auge: Vor zwei Runden verloren unsere Damen gegen Polen 4:0, eine Runde später ging Polen gegen Ungarn mit 0:4 ein, und heute verloren die ungarischen Damen gegen Russland mit 0:4. Doch bis wir den Kreis gegen Russland mit einem 4:0 Sieg schließen, wird wohl noch viel Wasser den Irtysch (und auch die Mur) hinabfließen.

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Sechster Sieg in seiner sechste Partie für Wassily Iwantschuk

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Im Foyer spielt sich inzwischen Werbung für die morgigen Wahlen der FIDE ab

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Nicht nur die russische Presse ist vor Ort...

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... um noch einmal die Botschaft Anatoly Karpovs zu hören

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Der eine Ex-WM bekommt bald Verstärkung durch einen anderen.
Kasparov und Karpov, Twins vereint gegen das Imperium


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Die beiden kümmert's wenig. Schach kann auch einfach Spaß machen.

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Das lange Warten der Tutorinnen. Jedes Team bekam vor Ort eine Betreuerin,
die sich stets aufopferungsvoll für ihre Mannschaft einsetzen.


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Dieser junge Mann träumt wohl schon von der Olympiade 2014. Ob ich da
schon dabeisein könnte?


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Die Kontrahenten um die Austragung der Olympiade 2014 sind Norwegen
und Bulgarien


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Und wieder geht ein Tag in der Tennis-Arena von Khanty-Mansiysk zu Ende...