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Fotos: Runde 2, Alle Olympiagalerien
Herren und Damen ergebnismäßig weiterhin im Gleichklang
Deutlich schwerer als am Eröffnungstag war es gestern für unsere beiden Teams und unter dem Strich mussten sowohl das Herren – als auch das Damenteam jeweils eine 1:3 Niederlage hinnehmen.
Österreichs Teams auf dem Weg in die Spielhalle
Beginnen wir heute mit den Damen: Gegen Aserbeidshan war klar, dass es enorm schwer werden würde, doch unsere Damen gingen motiviert und durchaus optimistisch in den schweren Kampf. Leider geriet Veronika Exler bei ihrem Olympiadebut in eine etwas unangenehme Stellung, die ihre Gegnerin taktisch sehr schlagfertig ausnutzte.
Olympiadebut für Veronika Exler hier beim Handshake mit Kathi Newrlka
Mit dem 0:1 Rückstand im Nacken nahm Eva Moser am Spitzenbrett volles Risiko. Anstatt das Zentrum zu schließen und eine recht angenehme, aber schwerblütige Stellung zu erhalten, gab sie für einen Mehrbauern ihren dunkelfarbigen Fianchettoläufer und das Recht zu rochieren auf und sah sich bis zum Ende der Partie in die Rolle der Verteidigerin gedrängt. Sollte sich ihr Mehrbauer durchsetzen? Letztendlich war der Druck, den Mamedjarova mit ihrem Läuferpaar und den zentralisierten Türmen aufbaute zu stark und die schwarzen Verteidigungslinien zerbarsten.
Alles bereit für Aserbeidschan gegen Österreich
Zwischenzeitlich kam Optimismus in unserem Lager auf, denn Tina Kopinits auf Brett 2 hatte nach glänzendem Eröffnungsspiel Material– und Stellungsvorteil herausgearbeitet und Julia Novkovic auf Brett 4 war gar der Anschlusstreffer geglückt. Psychologisch geschickt umging Julia mit einem frühen Damentauschangebot die gegnerische Vorbereitung und entschärfte alle Versuche der einfallsreichen Schwarzspielerin, das Spiel zu komplizieren. Eine tolle Vorstellung der Vorarlberger A-Trainerin, die somit ihre ersten beiden Partien siegreich gestalten konnte.
Tina Kopinits kämpft vergeblich um den Ausgleich zum 2:2
Alle Hoffnungen ruhten nun auf Tinas Schultern, doch es war nicht einfach, die deutlich bessere Stellung zum endgültigen Gewinn zu verdichten. Remis wäre in dieser Phase zu jedem Zeitpunkt zu haben gewesen, doch der verflixte notwendige Sieg wollt sich nicht und nicht einstellen; schließlich kam es so, wie es in solchen Fällen zu kommen pflegt, ein, zwei ungenaue Züge, der Faden geht verloren und die Partie kippte schlussendlich noch.
Fazit: Eine zu hoch ausgefallene Niederlage gegen eine starke Mannschaft, wir hoffen auf einen Sieg in Runde drei gegen Malaysia.
Zu den Herren:
Drei Großmeister und einen starken 2400-er bot Chile gegen unser Team auf und es wurde der erwartet schwierige Kampf.
Chile wird zum erwartet schweren Prüfstein
Martin Neubauer ließ in seiner ersten Partie in Khanty Mansiysk (er hatte gegen Honduras pausiert) nichts anbrennen und erzielte als Nachziehender scheinbar mit leichter Hand den ersten halben Punkt für Österreich gegen GM Campos Moreno. Ein schöner Einstieg für Martin ins Turnier und für die Mannschaft in den Wettkampf.
Durstig auf Einsätze: Martin Neubauer
David Shengelia auf Brett 2 stand optisch deutlich besser und lehnte auch das Remisangebot seines Gegners ab. Leider ließ sich der scheinbare Vorteil nicht in bare Münze umsetzen und auch diese Partie endete Remis. Unglücklicherweise konnte Markus Ragger am Spitzenbrett eine komplizierte Partie (slawische Abtauschvariante) nicht halten und als auch Robert Kreisl auf Brett 4 in Zeitnot seine passable Stellung verdarb, war das Schicksal des Wettkampfs Chile-Österreich endgültig besiegelt.
Fazit: Die Niederlage gegen die starken Südamerikaner ist kein Beinbruch, leichte Schmerzen spüren wir trotzdem. Bitte liebes Team, Luxemburg heute nicht unterschätzen, Jausengegner gibt es keine mehr!
Ab 15 Uhr Ortszeit (11 Uhr zu Hause in Österreich)treffen wir uns wieder vor den Bildschirmen, wenn es heißt: „Lang lebe der rotweißrote König!“
Einige interessante Details aus der ersten Runde darf ich hier kurz anführen:
Den ersten Zug der Olympiade führte am Spitzenbrett für Russland I Natalia Komarova aus, die Gouverneurin der Provinz Ugra, in der Khanty-Mansiysk liegt. „Als ich den Zug ausführte, war ich so nervös, als ob ich wirklich spielen und für Russland gewinnen müsste“ diktierte sie hinterher den Journalisten in deren Notizblöcke.
In den ersten Runden in solch gewaltigen Turnieren treffen die stärksten Mannschaften auf deutlich schwächere und die Hauptfrage ist immer, ob es den Favoriten gelingt, diese Wettkämpfe mit weißer Weste (sprich einem 4:0 Ergebnis) zu gewinnen. Im Herrenbewerb (offiziel „Open-Bewerb“ genannt, da ja auch Frauen mitspielen dürfen) gab es in der ersten Runde 39 4:0 Siege, 19 Mannschaften gewannen 3,5 zu 0,5. Im Frauenturnier gewannen 43 Mannschaften ihre Erstrunde mit 4:0, insgesamt sind bei den Herren 148 Teams und bei den Frauen 114 Mannschaften im Einsatz. Noch ein Wort zur von mir schon hochgepriesenen Eröffnungsfeier. In einem Interview erklärteFide-Präsident Kirsan Iljumshinov, dass es das Bestreben der Fide und des Organisationskommites gewesen sei, die Eröffnungsfeier auf das Niveau und den Standard von Eröffnungsfeiern bei Olympischen Sommer- und Winterspielen zu heben. Er hoffe nun, dass auch nachfolgende Schacholympiaden diesen Standard bieten werden. Weiters gab er bekannt, dass Khanty Mansiysk der Fide ein Angebot gemacht habe, den Weltcup 2011 zu veranstalten. Die endgültige Entscheidung in dieser Frage werde beim Kongress, der in wenigen Tagen beginnt, fallen.
Die bevorstehenden Wahlen in ECU und FIDE werfen Schatten voraus...
Norwegen bewirbt sich für die Olympiade 2014, der FIDE Kongress wird entscheiden
Lassen wir noch Natalia Komarova, die schon erwähnte Gouverneurin der Region Ugra auf eine Frage antworten, die ihr bei der Pressekonferenz gestellt wurde:
Reporter: „Khanty Mansiysk ist weltbekannt sowohl durch die Organisation von hochkarätigen Schachturnieren als auch durch die Durchführung von Biathlon- Weltcup Veranstaltungen. Welcher Bewerb ist schwieriger durchzuführen?
Komarova „Da gibt es keine allzugroßen Unterschiede. Im Biathlon Weltcup gibt es weniger Teilnehmer, aber dafür eine größere Anzahl von Amateuren, die kommen, um die Bewerbe mitanzusehen. In diesem Fall wollen wir allen die bestmöglichen Bedingungen bieten, den Sportlern und den Fans. Unser Hauptanliegen bei der Organisation der Schacholympiade war es, den teilnehmenden Sportlern die bestmöglichen Bedingungen zu verschaffen. Wir versuchten alles, ihnen gute Spielbedingungen zu ermöglichen.
Beste Spielbedingungen bieten die Organisatoren in der geräumigen Tennishalle
Ich hoffe, dass wir als Feedback auf unsere Bemühungen Zeugen werden von solchen Meisterwerken wie die berühmte unsterbliche Partie, die bei der Eröffnungsfeier auf brillante Weise dargeboten wurde.“
Die "unsterbliche Partie", aufgeführt im Rahmen der Olympia-Eröffnung
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Kleiner Nachsatz meinerseits : Und wenn eines dieser modernen Meisterwerke hier in Khanty Mansiysk von einem Österreicher oder einer Österreicherin gespielt wird, werden wir gewiss nicht böse ein!
Es grüßt aus Sibirien euer Karl-Heinz Schein